Endspurt

Langsam viel zu schnell und sicher geht es aufs Ende meines Japan-Jahres zu. Zwar bin ich noch etwas über zwei Monate hier, allerdings ist das Semester in sechs Wochen schon vorbei und dann heißt es, Abschied nehmen von meinen Kommilitonen und allen anderen netten Leuten, die ich hier getroffen habe. Und obwohl ich das Gefühl habe, erst kurz in Japan zu sein, kommt es mir trotzdem vor, als würde ich sie schon sehr lange kennen alle. Letztens war eine im Eisa-Club auch erschrocken, als ich sagte, dass ich ja bald zurückfahre. Sie hatte komplett vergessen, dass ich Austauschstudentin bin, und dachte, ich wär schon immer da gewesen und würde auch für immer da bleiben^^ Das hat mich schon sehr gefreut.

Jedenfalls, da mir/uns hier nur noch recht wenig Zeit bleibt, versuchen wir, dafür umso mehr gemeinsam zu unternehmen. So war ich Ende Juni mit ein paar Freunden aus dem Eisa-Club bei Drum Tao, einer Trommelgruppe, die wohl auch weltweit bekannt ist und auf sehr beeindruckende (und laute) Art und Weise eine Geschichte vorführt. Fast also wie Theater, nur mit viel Bummbumm :D Ich habe später erfahren, dass sie nach Japan in Deutschland am zweitmeisten Aufführungen haben. Nicht schlecht!

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Leider durfte man von der Aufführung keine Fotos machen, deshalb hier ein random Bild von vor der Halle :P

Es war super schön und mal was ganz anderes. Wenn mich die Leute aus dem Club nicht darauf angesprochen hätten, ob ich mitkommen wollen würde, wäre ich wohl niemals auf die Idee gekommen, mir so eine Drum Performance anzuschauen :D

Ich erfuhr auch, dass in der Halle, wo es stattfand, letztes Jahr im August (d.h. einen Monat vor meiner Ankunft) Bump of Chicken dort ein Konzert gegeben hatte. Und einer sagte, seine Bekannte hätte zwei Tickets über gehabt und jemanden gesucht, der mitgekommen wäre….ARRRRGH!

Fan schenkt Suppe ein.

Netterweise wurde ich danach abends noch nach Naha gefahren, wo ich mich mit ein paar Klassenkameraden zum Essen traf.

Am nächsten Tag fuhren Doro, Steffi und ich wieder nach Naha, diesmal, weil wir zum Buffet wollten. Ich war ja Ende Oktober (siehe hier) schon einmal mit Max da gewesen und da es so gut war, wollten Doro und Steffi auch einmal dahin. So fuhren wir Sonntag morgen mit dem Bus nach Naha, nur um festzustellen, dass es das Buffet nicht mehr gibt :( Stattdessen wurde der Laden in eine Konditorei umfunktioniert, was zwar auch cool ist, sich als Frühstück aber nur bedingt eignet…letztendlich gingen wir dann in einem anderen Laden frühstücken, aber leider ohne Buffet :/ Da hatten wir uns wohl zu viel Zeit gelassen.

Mittwoch war dann ein Herr aus Nagasaki bei uns in der Uni, der den Atombombenabwurf 1945 miterlebt hat und uns seine Geschichte erzählen wollte. Zum Zeitpunkt des Abwurfs war er 14 Jahre alt gewesen und überlebte eigentlich nur durch Zufall, da er gerade etwas außerhalb des Zentrums der Stadt war in einer Fabrik – das Haus, in dem er gelebt hatte, stand nämlich nur knapp einen halben Kilometer vom Zentrum der Explosion entfernt. Es war sehr bewegend, sich seine Geschichte anzuhören, was er erlebt und verloren hat. Durch die Explosion starben auch seine Eltern und drei Geschwister.

Der ganze Klassenraum war still und hat aufmerksam zugehört und es war wirklich etwas ganz Besonderes. Am Ende konnte jeder, der Fragen hatte, auch noch Fragen stellen und weiter mit dem Mann sprechen.

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Samstag darauf lud mich Steffi ein, mit ihr und einem Mädchen aus dem Kyûdo-Club nach Urasoe zu fahren in einen Second Hand Kimono-Laden. Im Grunde war das nur wieder ein weiterer Laden, den jemand bei sich zu Hause im zweiten Stock eröffnet hat (sowas sieht man in Japan häufiger) und einmal pro Monat dann eben gebrauchte Kimonos verkauft. Steffi wollte sich nämlich einen Kimono kaufen. Mir waren sie alle zu klein; waren sie doch für Japaner maßgeschneidert xP Aber da ich mir sowieso keinen kaufen wollte, nicht weiter tragisch. Yukata fände ich schon angenehmer (und deutlich günstiger), aber davon gab es leider nur sehr wenige und mir gefiel keiner so richtig. Eine Etage weiter oben konnte man auch gleich noch lernen, Kimonos anzuziehen. Da war sogar eine der Lehrerinnen dabei, die uns damals an der Uni die Kimonos angezogen hatte (siehe hier). Sie erkannte uns sogar sofort wieder und freute sich, uns zu sehen. Mit ihr und einigen anderen Kundinnen quatschte ich dann einige Zeit, während Steffi Gürtel binden übte.

Die Woche danach war gefüllt mir Tests, Tests und noch mehr Tests. Noch mehr als sonst, da wir jetzt ungefähr in der Mitte des Semesters sind und da in Japan die 中間 (chûkan)-Tests anstehen; d.h. so etwas wie Zwischenprüfungen. Dummerweise verschlief ich Dienstag (das erste Mal, seit ich hier bin…) und musste dann Freitag (= gestern) nachschreiben, was nicht so einfach war, da in der Stunde gerade Vorträge über die Esskultur verschiedener Länder gehalten wurden und ich auch noch ganz vorne sitzen musste. Versuch mal, euch zwei Stunden lang zu konzentrieren, während direkt vor dir jemand über Essen spricht. Und das morgens, nachdem du nicht gefrühstückt hast, weil dein Kühlschrank einfach chronisch leer ist.

Entsprechend brauchte ich auch länger für den Test, aber zum Glück ließ mich meine Lehrerin noch ein paar Minuten in die Pause reinschreiben. Und jetzt habe ich es hinter mir; dafür muss ich nächste Woche drei Referate halten, habe noch ein Kanjiquiz und morgen ist JLPT…gute Nacht.

Gestern, Freitag, war aber auch schön, denn wir machten draußen vor dem Kaikan nagashi sômen (流し素麺, etwa „fließende Nudeln“). Das ist ziemlich beliebt in Japan und wird im Sommer gemacht. Dafür baut man eine Art Apparatur aus Bambusrohren auf, durch die Wasser fließt und dann werden da Nudeln runtergespült. Und drumherum stehen Leute mit Essstäbchen und fischen sich Nudeln heraus, tunken sie in Soße und essen dann. Sehr witzig! Lustigerweise gibt es hier im Kaikan sogar die Bambusrohre. Eigentlich werden da auch so fancy Stützpfeiler (muss ja an einer Seite erhöht sein) aus Bambus benutzt; da wir aber keine hatten, halfen wir uns mit allerlei anderem Krimskrams aus Hausmeister Osamu-sans „Rumpelkammer“ aus (als da wären: Plastikeimer, Plastikteile und ein Ziegelstein – wo letzterer herkam, wusste er auch nicht). Zum Schloss noch ein Sixpack Bier und fertig war das Ganze. Sah in etwa so aus:

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Improvisation ist das Stichwort.

Dazu dann noch eine Portion gute Laune, korrekte Leute und leckere Nudeln. Wir luden auch unsere Lehrer ein; leider konnten nur zwei kommen. Da Ashihara-sensei (quasi unsere Klassenlehrerin) am Mittwoch Geburtstag gehabt hatte, sangen wir ihr bei der Gelegenheit noch ein Ständchen, schenkten ihr Blumen und eine Karte, auf die jeder (samt Osamu-san) einige Glückwünsche geschrieben hatte. Ich war noch gebeten worden, ein Bild von Ashihara-sensei in die Mitte zu zeichnen, ich hoffe, es ist mir gelungen^^

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Und die schicke Karte mit Grüßen von allen. In der Mitte habe ich auf Wunsch meiner Klassenkameraden ein Bild von Frau Ashihara gemalt.

Natürlich gibt es auch deutlich fabulösere Varianten, aber die Hauptsache ist ja, dass es Spaß macht und schmeckt. Insgesamt also war unser 2組 Nagashi Sômen ein voller Erfolg. Auch wenn es zwischendurch anfing, unglaublich heftig zu regnen, hatten alle viel Spaß dabei. Insgesamt aßen wir alle rund sechs Kilo Nudeln, oha. Am Abend setzten wir uns dann mit der Klasse samt Lehrerin im Washitsu des Kaikan zusammen zu einer gemütlichen Runde.

Das waren so die letzten Wochen hier :) Viele Fotos habe ich nicht gemacht (tut mir leid), aber schön war es dennoch :)

Uff, und morgen dann der JLPT…drückt mir die Daumen, dass es was wird^^“

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