Ich weiß, der Titel klingt recht dramatisch, aber mir ist klargeworden, dass ich mittlerweile nur noch einen Monat auf Okinawa bin. Dann ziehe ich aus dem Wohnheim aus und fliege auf die Hauptinsel, wo ich die letzten Wochen meines Auslandsaufenthaltes verbringe, ehe ich Mitte September nach Deutschland zurückkehre. Und da die meisten meiner Kommilitonen bereits im August nach Hause fliegen, muss ich mich da schon von ihnen verabschieden.
Auch im Unterricht merkt man, dass es aufs Ende zugeht: jetzt stehen Referate an (die hier scheinbar beliebter sind als schriftliche Prüfungen, zumindest habe ich von letzteren nur zwei); da ich mich aber gleich zu Beginn gemeldet habe, konnte ich die meisten meiner Vorträge bereits letzte Woche halten und jetzt steht nur noch einer an.

Wir sind zwar nicht ganz fertig geworden, aber dennoch war es ein erfolgreicher Tag. Danke, dass wir das 月ノ音 als Drehort verwenden durften!
Unsere Projektarbeit läuft soweit auch ganz gut; zwar sind wir damals am Samstag nicht mit allen Szenen fertig geworden, aber netterweise haben uns die Ladenbesitzer erlaubt, diese Woche Samstag noch einmal vorbeizukommen und uns sogar Tempura zur Stärkung geschenkt. Nach dem Filmdreh waren alle auch total erschöpft. Wir beschlossen, uns danach noch eine Weile gemütlich im Washitsu zusammenzusetzen und Essen zu bestellen. Während ein Teil der Klasse das Essen abholen ging, lag der andere Teil eher apathisch auf dem Tatami-Boden herum^^“ Immerhin war das Essen lecker und schenkte uns zumindest etwas Kraft.
Am Abend gingen Fan, U, Steffi und ich spontan ins Karaoke. Obwohl jeder unglaublich müde war und wir deshalb nur „ein bis zwei Stunden“ dorthin wollten, saßen wir dann doch bis kurz vor 5 Uhr noch da…ich brauche wohl nicht zu sagen, dass ich Sonntag erst sehr spät aufgestanden bin D:
Mittwoch dann gab es eine Exkursion mit Okinawa Jijou in die Stadt Okinawa (die nicht Hauptstadt der Präfektur Okinawa ist; das ist Naha). Dort besichtigten wir eine Art Archiv, das nochmal einige Infos und Ausstellungsobjekte zum Thema Zweiter Weltkrieg und US-Militärbasen auf Okinawa hat. An sich ganz interessant, nur, dass wir das jetzt wochenlang in jedem Fach durchgenommen haben und es deshalb auch nur Wiederholung des zuvor Gelernten war. Immerhin konnten wir uns danach noch ein wenig in der Gegend umschauen. Da es an dem Tag aber weniger schwül als vielmehr einfach nur heiß war – so heiß, dass die Sonne einfach nur auf der Haut wehtat – ging es allen eher weniger gut und wir suchten uns lieber schattige Orte. Wenn es einfach nur weniger heiß hier wäre…
Abends dann gingen ein paar Kommilitonen und ich nochmal ins 月ノ音 (tsuki no oto), „unsere“ Bar, um was zu essen und nach der Erlaubnis zu fragen, noch einmal drehen zu dürfen. Am Donnerstag stellte die 1組, also die Klasse über uns, ihre Projektarbeit vor: Ein Theaterstück, und zwar 竹取物語 (taketori monogatari). Das ist eine sehr alte japanische Sage, in der es darum geht, dass ein Bambussammler eines Tages einen leuchtenden Bambusbaum im Wald findet. Als er diesen zerhackt, findet er darin ein winziges Baby, das der Bambus-Mann und seine Frau adoptieren. Daraufhin findet der Sammler auch jeden Tag leuchtenden Bambus, aus dem Gold herauskommt, und so werden sie reich und erziehen das Bambuskind zu einer Art Prinzessin. Da sie so schön ist, wollen alle edlen Leute des Reiches sie heiraten, aber sie stellt ihnen unmögliche Aufgaben, die alle nicht erfüllen können. Trotzdem trifft sie dann irgendwann den Kaiser, in den sie sich doch verliebt, aber auch den will sie nicht heiraten. Wie sich herausstellt, kommt sie nämlich eigentlich vom Mond und muss bald dorthin zurück. Alle sind traurig, als die Mondmenschen kommen, um sie abzuholen; sie schenkt ihrem Ziehvater noch einen Trank, mit dem er unsterblich wird, aber er wirft ihn ins Feuer, weil er ohne seine Tochter nicht unendlich leben möchte. Sie schreibt auch einen Abschiedsbrief an den Kaiser und schenkt ihm ebenfalls so einen Trank; als er den Brief liest befiehlt er seinen Soldaten, auf den höchsten Berg des Landes zu gehen (da dieser dem Himmel und somit dem Mond am nächsten ist) und dort Brief und Trank zu verbrennen.
Fun fact: Unsterblichkeit bedeutet im Japanischen 不死 (fushi oder auch fuji). Es wird gesagt, dass der höchste Berg Japans dadurch seinen Namen erhalten hat: Fuji. Die Kanji dafür sind 富士山. Erstens fand man wohl, dass man das Todes-Kanji nicht in dem Namen drin haben möchte und zweitens bedeutet diese Schreibweise sowas wie „Berg voller Soldaten“, was ja auch passend war, schließlich gingen viele Soldaten des Kaisers auf den Berg, um den Brief zu verbrennen. Übrigens ist der Fuji ja ein ziemlich großer Vulkan, der früher noch etwas herumgequalmt hat – man fand die Vorstellung, dass der Rauch von dem verbrannten Brief herrührte, wohl netter als sich ständig Sorgen zu müssen, ob der Fuji bald ausbricht. Das „山“ wird „-san“ gelesen und heißt nichts anderes als Berg. Daher also Berg Fuji oder Mt. Fuji, wenn man so möchte. Oder eben Fujisan, wie die Japaner ihn nennen.
Übrigens gibt es zu der Sage auch einen Anime-Film von Studio Ghibli, den ich damals sogar schon einmal gesehen hatte: Die Legende der Prinzessin Kaguya.
Die Aufführung war sehr sehr gut. Eigentlich hatte sie eine Woche vorher bereits stattfinden sollen, war wegen des Taifuns aber verschoben worden. Ich hoffe, dass unser Film ebenso gut ankommt.
Freitag bin ich mit Max nochmal nach Naha zur Kokusai-dori gefahren, da ich mir endlich vernünftiges Papier besorgen wollte (mein Zeichenblock hat das Storyboard für den Film leider nicht überlebt) und nebenbei nach einem Buch Ausschau halten wollte. Letzteres habe ich leider nicht gefunden, weshalb ich dann doch auf Amazon zurückgreifen musste. Immerhin fanden wir noch einen Laden mit gutem okinawanischen Essen. Schade, dass wir den nicht vorher schon entdeckt hatten^^ Am Abend dann ging es noch einmal ins Karaoke, diesmal mit ein paar Kommilitonen. Ich war aber sehr müde und bin deshalb schon früher (d.h. gegen 4 Uhr morgens) nach Hause gegangen, während der Rest noch etwas da blieb. Samstag gingen wir Yakiniku essen (warum gibt es das nicht in Deutschland?) und Sonntag fuhr ich mit Sho, Marjory und Steffi nach Chatan ins American Village. Wir teilten uns für eine Weile auch auf, da jeder andere Ziele hatte. Spätestens, als die Verkäufer in den Läden Englisch mit mir sprechen wollten, fiel mir auf, dass ich an einem Touri-Ort war und mich jeder für einen Amerikaner hielt. Wenn ich dann auf Japanisch antwortete, sahen sie aber alle immer sehr erleichtert aus…^^
Gestern war durch einen Feiertag („Tag des Meeres“, aber niemand konnte mir sagen, was genau das für ein Feiertag ist) auch frei, wobei ich nicht viel gemacht habe. Es hat fast den ganzen Tag geschüttet, wodurch Rausgehen keine Freude war. Und so viel wir jetzt auch unternehmen wollen, jetzt, da es aufs Ende zugeht, es tut manchmal gut, einfach mal zu entspannen und nichts zu tun. Finde ich zumindest. Da mein zuvor bestelltes Buch dann auch gestern angekommen ist, habe ich einen Großteil des Tages mit Lesen verbracht.
- Überdachte Einkaufspassagen, ein Merkmal Japans.
- Ich habe in diesem Laden keinen einzigen Schuh entdecken können.
- Wie blau der Himmel ist! Und wie sehr die Sonne brannte!
- Japanische Warnschilder amüsieren mich immer wieder.
- Meine neueste Errungenschaft und Ziel für die nächste Zeit: The Name of the Wind (dt. Der Name des Windes) auf Japanisch durchlesen!