Nagasaki, Stadt des Kuchens, Part II

Weiter geht es mit Nagasaki.

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Ein Monument für 26 Märtyrer, die im 16. Jahrhundert in Nagasaki geopfert wurden.

Da ich die ganze Zeit so viel fror, wurde ich irgendwann einmal nach Nagasaki gebracht mit dem Auftrag, mir einen Pulli zu kaufen. Und natürlich nutzte ich den ganzen Tag auch damit, mir viel anzuschauen!

Wie praktisch, dass die Fahrt mit der Straßenbahn immer 120 Yen gekostet hat, egal, wie viele Stationen man fuhr. So ging ich erst einmal zu einem recht großen Schrein, dessen kami die Gestalt eines Pferdes hatte, wie mir eine freundliche Japanerin dort erklärte. Überhaupt wurde ich andauernd von Leuten angesprochen, die mir entweder den Weg zeigen, mir etwas Interessantes zu dem Ort, an dem ich mich gerade befand,  erzählen wollten oder mir anboten, Fotos für mich zu schießen xD

Danach machte ich mich auf den Weg zu einem Tempel, der in der Nähe war.

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Ich fand den Tempel wegen seiner roten Farbe beeindruckend, sonst gab es im Inneren aber nicht viel zu sehen.

Nachdem ich also die obligatorischen Schrein- und Tempelbesuche abgehakt hatte, machte ich mich auf den Weg zum Heiwa-Kôen bzw Friedenspark. Wie der Name schon vermuten lässt, ist dieser Park erbaut worden, um die Menschen an den Atombombenabwurf auf Nagasaki 1945 zu erinnern. In dem Park stehen viele Statuen und Monumente, teilweise auch gespendet von anderen Ländern sowie Tafeln, die die Geschichten von Opfern und Überlebenden erzählen sowie weitere Tafeln mit Informationen zu der damaligen Situation. An einem Ende des Parks befindet sich ein Brunnen und am anderen eine große Statue.

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Schild am Eingang zum Friedenspark (heiwa kōen).

In der Nähe des Parks dann befindet sich auch der Ground Zero. An der Stelle, an der die Bombe (in 500m Höhe) explodierte, steht eine schwarze Säule. Ansonsten ist drumherum nicht viel mehr, außer einem Stück Kirchenmauer, die stehengeblieben ist, einigen Pfeilern sowie einer weiteren Statue mit der einfachen Aufschrift „1945 8.9. 11:02′“, Datum und Uhrzeit der Explosion. Ich muss sagen, dass ich das sehr beeindruckend fand.

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Hier, in 500 Metern Höhe, explodierte die Bombe.

Ein Stückchen entfernt befand sich das Atomic Bomb Museum. Ich möchte später diesen Monat, wenn ich in Hiroshima bin, auch in das dortige Museum gehen, auch wenn es vielleicht ganz ähnlich aufgebaut ist. Zunächst am Eingang befinden sich ganz viele Origami-Kraniche, an einer Schnur sogar 1.000 Stück davon. Es gibt in Japan die Legende, dass man einen Wunsch erfüllt bekommt, wenn man 1.000 davon faltet.  Nachdem ein japanisches Mädchen, das infolge des Bombenabwurfs auf Hiroshima an Leukämie erkrankte, 1.000 davon faltete, um gesund zu werden, wurden sie außerdem zu einem Friedenssymbol. Auch im Park standen Kranichfiguren.

Ich muss sagen, der Besuch des Museums war für mich ziemlich bedrückend. Ausgestellt waren Gegenstände und Kleidungsstücke, Tafeln mit Hintergrundinformationen, Fotos, Berichte von Opfern, eine Nachbildung der Bombe und Ähnliches.

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11:02 Uhr

Besonders beeindruckt hat mich eine Uhr aus einem Gebäude in unmittelbarer Umgebung der Explosion. Sie ist zerbrochen und stehengeblieben um 11:02 Uhr – der Zeit der Explosion.

Es gab auch Bilder der völlig zerstörten Umgebung und Erzählungen von Überlebenden und Opfern. Ich habe nicht alle gelesen, da ich mich die, die ich gelesen habe, schon ziemlich schockiert haben. Ich meine, klar, man hat davon gehört, man denkt sich „das war sicher schlimm!“, aber es ist nochmal ganz anders, sich dann sowas an genau der Stelle anzuschauen. In Berlin war ich mal in einem Stasi-Gefängnis und einem anderem Museum, da hatte ich ein ähnlich mulmiges Gefühl.

Was mich besonders bewegt hat und ich vorher auch nicht wusste, war die Tatsache, dass Nagasaki gar nicht das primäre Ziel an diesem Tag war – eigentlich sollte die Bombe auf eine andere Stadt (Kokura) abgeworfen werden. Aber weil das Wetter an diesem Tag schlecht war und viele Wolken über der Stadt hingen, wurde stattdessen Nagasaki zum Ziel – auch dort lagen viele Wolken über der Stadt, aber in einem Augenblick war die Wolkendecke aufgerissen. Das hat mich erschrocken, dass die Bombe eigentlich eine andere Stadt treffen sollte und wegen des Wetters aber das Ziel gewechselt wurde. Und wenn die Wolkendecke in dem Moment nicht aufgegangen wäre, wäre die Bombe vielleicht auch gar nicht abgeworfen worden…?

Ich kann das Gefühl kaum beschreiben, das ich die ganze Zeit über in dem Museum hatte. Ich glaube, den anderen Besuchern ging es genauso, alles war sehr still und düster.

Nagasaki, Stadt des Kuchens, Part I

Nagasaki ist berühmt für seinen Kuchen namens Castella (カステラ, kasutera). Damit sich keiner über den Titel wundert :P

Seit gestern bin ich also zurück aus der Präfektur Nagasaki. Ich muss zugeben, ich habe selten so sehr gefroren wie die vergangenen beiden Wochen. Nicht mal in Kyôto zu Neujahr…vermutlich liegt es an der höheren Luftfeuchtigkeit auf Kyûshû, dass mir dort 10° kälter vorkamen als 0° in Kyôto.

Dennoch waren es zwei sehr schöne Wochen und ich habe viel lernen und sehen können.

Trotzdem vorweg eine Entschuldigung: Dieser Beitrag hat wohl wenig allzu spannenden Inhalt, sondern mehr Geschichts-Exkurs und unnötiges Blabla meinerseits^^ Ich versuche, es mit vielen Fotos gutzumachen :D

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Hafengegend in Nagasaki. Ich hatte Glück mit dem Wetter!

Vorrangig war ich wegen meines Forschungsprojektes, das sich mit ökologischer Landwirtschaft in Japan beschäftigt, nach Nagasaki gefahren – um genau zu sein, nach Ômura, einer Stadt in der Nähe der Präfektur-Hauptstadt. Dort habe ich auf der Farm eines älteren Ehepaares ausgeholfen und im Gegenzug durfte ich dann bei ihnen wohnen. Doof, dass japanische Häuser so mega kalt sind. Ich habe mich die meiste Zeit nicht weiter als nötig vom kotatsu (praktisch ein Tisch mit Heizung drunter, sehr toll) entfernt, unter dem dann auch meist die Katze der beiden schlief xD Dass ich die ersten paar Tage wegen meiner Erkältung auch kaum Stimme hatte, machte es nicht besser ._.‘

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Mini, die Katze der beiden. Echt verschmust und lieb!

Neben der Farm hatten die beiden auch eine Bäckerei, Sprachschule sowie ein kleines Café, das nur einmal die Woche geöffnet hat. Ich habe überall mit ausgeholfen und es gab wirklich jeden Tag was anderes zu tun, sei es auf der Farm aushelfen, im Haushalt oder im Café^^ Es war wirklich interessant und ich habe viele Leute kennenlernen können. Besonders die Besucher des Cafés (ausnahmslos ältere Leute) waren allesamt begeistert von mir xD

 

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Ganz Nagasaki war dekoriert mit diesen Laternen.

Zwei Tage die Woche hatte ich frei, und an meinem ersten freien Freitag wurde ich zum Lantern Festival in Nagasaki mitgenommen. In Nagasaki leben viele Chinesen, und da in China derzeit das Neujahrsfest stattfindet, wurde auch in Nagasaki gefeiert. Überall hingen schicke Laternen und es war wirklich voll^^ Dazu gab es Aufführungen und Ähnliches, sehr schön anzuschauen das Ganze.

Dann war ich noch auf Dejima. Um zu klären, was es mit diesem Gebiet auf sich hat, muss man ein wenig in der Geschichte Japans zurückgehen. Mal sehen, wie viel ich aus dem Geschichts-Kurs im zweiten Semester noch zusammenbekomme…

1603 beschloss der nette Herr Shôgun Tokugawa Ieyasu nach vielen Schlachten, die Hauptstadt aus Kyôto nach Edo zu verlegen (Edo heißt heute übrigens Tôkyô). Damit begann dann die Edo-Zeit, die bis 1868 andauerte. Um Frieden zu gewährleisten, fand dann einer der folgenden Shôgune, dass man mit dem Westen nichts zu tun haben wollte (Kriege, Missionare, Schusswaffen…war denen alles nicht so geheuer) und beschloss, das Land abzuschließen (wichtig ist hier der Begriff sakoku, wörtlich: „Land in Ketten“). Konkret hieß das: Keiner darf rein und keiner raus.

So ganz isoliert war Japan dann aber doch nicht; es wurde weiterhin Handel betrieben, nämlich über ein paar Inselchen, wovon die bekannteste wohl Dejima war. Da lebten dann ein paar Holländer und Portugiesen (ich glaube zumindest, dass es die waren), die aber nicht von der Insel runter aufs Festland Japans durften (es gab eine einzige Brücke). Das Ganze ging dann etwa 250 Jahre lang so, bis irgendwann ein amerikanischer Commodore namens Matthew Perry (ja, der hieß tatsächlich so xD) mit einer Horde Schiffe ankam und Japan zwang, seine Häfen gefälligst wieder für den Westen zu öffnen.

Ich glaube, das war es so im Groben^^“

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Eines der Gebäude auf Dejima.

Jedenfalls lag diese Insel Dejima vor Nagasaki und die hab ich mir dann angeguckt. Es war ziemlich interessant, da die Gebäude dort (wohl restauriert) alle eben recht westlich aussahen. Überhaupt gab es viel in Nagasaki zu sehen, das mit der Geschichte Japans zu tun hatte. Zum Beispiel auch den Glover Garden, ein recht großes Anwesen, gebaut für einen schottischen Herrn namens Thomas Blake Glover, der wohl auch irgendwas für Japan geleistet hatte (Schiffsbau und Modernisierung oder so). Es war wirklich spannend, sich Dinge, über die man im Geschichtskurs gesprochen hat, mit eigenen Augen anzusehen.

Ein ganz wichtiger Aspekt aus der Geschichte Japans (und besonders Nagasakis) war natürlich der Atombombenabwurf am 9. August 1945. Auf den Besuch des Friedensparks, des Atomic Bomb Museums und Ground Zero, des Punktes, an dem die Bombe abgeworfen wurde, will ich in einem zweiten Beitrag dann näher eingehen.

Ferien!

Ein paar Sachen, die mir hier auf Okinawa so aufgefallen sind…

  • Fahrräder sind selten abgeschlossen
  • Man wird von unbekannten Menschen gegrüßt. Und man grüßt zurück!
  • Man erkennt Deutsche daran, dass sie die einzigen sind, die bei einer roten Ampel anhalten. Nachts um 2 Uhr. An einer abgesperrten Straße.
  • Als Nichtjapaner in einer Kleinstadt fällt man nun mal auf und wird angestarrt. Nicht persönlich nehmen, ist eigentlich nie böse gemeint.
  • Kinder rufen einem gerne „Hallo!“ zu, sofern man irgendwie auch nur europäisch aussieht. Wenn man auf Japanisch zurück grüßt, zurück zum vorherigen Punkt.
  • Wenn man erzählt, dass 15 Minuten Fußweg doch nichts sind, gibt es ungläubige Blicke.
  • Man kann ALLES mit Stäbchen essen. Und manchmal ist es unglaublich praktisch (Chips ohne fettige Finger, jawoll)
  • es ist deutlich wahrscheinlicher, am hellichten Tag eine freie Waschmaschine im Wohnheim zu bekommen als mitten in der Nacht^^

Die Tage nach dem Redewettbewerb verliefen relativ ruhig. Die vergangene Woche war auch die letzte des Wintersemesters – und wieder erschrecke ich, wie schnell die Zeit doch vergeht. Alle Prüfungen sind geschrieben, alle Berichte eingereicht, alle Vorträge gehalten. Zeit, sich über Ferien zu freuen!

Doch neben der Freude auch ein bitterer Beigeschmack – das Ende des Semesters bedeutet auch, sich von Mitstudenten zu verabschieden, die nun bereits nach Hause zurückkehren – entweder, weil sie bereits im April gekommen sind oder weil sie nur ein halbes Jahr bleiben.

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Auch diesmal wieder: Viel Essen, viel gut!

Mittwoch war vermutlich der letzte Tag, an dem alle aus der Klasse noch einmal gemeinsam beisammen saßen bei einem shokujikai (shokuji = Essen, kai = Treff). Sogar die Lehrer, die unseren Sprachkurs unterrichten, waren alle da. Jeder brachte selbstgemachtes Essen aus seiner Heimat mit – und ich muss sagen, es ist irgendwie lustig, zwischen dem ganzen ostasiatischen Essen Gulasch zu haben :D

Es hat wirklich alles super geschmeckt und insgesamt war der Abend auch sehr sehr schön. Irgendwie wollte auch keiner gehen; auch nachdem das Essen bereits größtenteils weg war, saßen wir noch zusammen, unterhielten uns und spielten Karten.

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Diese hier hat Tei gemalt. Von links nach rechts: Max, ich, Taku (Chinesin) und Hani (Koreanerin).

Freitag dann fand die 修了式 (shûryôshiki, Abschlusszeremonie) statt, bei der alle, die jetzt bald heimfahren, Urkunden und ihre Zeugnisse bekamen. Außerdem wurde als Erinnerung noch ein Bäumchen vor dem International Office gepflanzt. Auch hier gab es wieder Rahmenprogramm, Reden und leckeres Essen und am Ende wurden noch viele viele Fotos gemacht. An dieser Stelle auch vielen herzlichen Dank für die netten Abschiedsbriefe, die ich von Tei und Mei bekommen habe T_T Ich werd alle vermissen! Aber ich bin froh, dass euch die Porträts, die ich für euch gezeichnet habe, gefallen haben ^_^

Abends fand dann hier im Wohnheim die Abschiedsparty statt. Ich ging erst später hin, da es mir an dem Abend nicht so gut ging (bahnt sich da etwa eine Erkältung an?), hab mich nochmal mit ein paar Leuten unterhalten und dann standen fünf von uns aus der Klasse fast den ganzen Abend am Whiteboard und haben Bilder von uns und anderes ziemlich sinnloses Zeug gemalt. Jap, so wird gefeiert.

So. Montag geht es nach Nagasaki zum Forschen. Ich bin schon sehr gespannt, was mich in den kommenden zwei Wochen in dieser Stadt erwartet. Jetzt muss ich nur wieder fit werden bis dahin…