Rückker in den Alltag

Leider, leider geht eine Woche Urlaub so schnell um und dann erwartet einen wieder die grausame Wirklichkeit namens Uni. Und wie war das noch mit den Aufgaben, die wir über die Ferien machen sollten…? *hust*

IMG_20150105_123346

Meins ist das grüne unten rechts: 経験 (keiken). Es bedeutet „Erfahrung“ oder auch „Erlebnis“.

Immerhin ging es relativ entspannt los: Am 5. Januar (also dem ersten Unterrichtstags) machten wir kakizome (書き初め), die erste Kalligrafie im neuen Jahr (und meine erste überhaupt). Eigentlich hatte ich nach meiner Ankunft mit dem Gedanken gespielt, dem shodô(Kalligrafie)-Club beizutreten, hatte da allerdings keine Zeit für. Also hatte ich mich ziemlich auf die Unterrichtsstunde gefreut, da ich das noch nie richtig gemacht hatte – in Düsseldorf hatten wir einmal unsere Haiku mit Pinsel schreiben sollen, aber wir hatten nichts über Techniken oder Sonstiges gelernt, sodass am Ende nur komisches Gekrakel rauskam. Diesmal ging es darum, ein Wort oder einen Begriff, den wir uns vor den Ferien bereits überlegen sollten, zu schreiben. Ashihara-sensei hatte uns netterweise über die Ferien unsere Begriffe schön aufgemalt, sodass wir uns ansehen konnten, wie das Ganze auszusehen hat. Dann übten wir noch einzelne Striche, Schwünge, Häkchen und einzelne Kanji, ehe wir uns an unsere eigenen Begriffe machen konnten. Es ist gar nicht mal so leicht, viele Versuche landeten im Müll. Erstens muss man den Pinsel möglichst senkrecht halten, dann hat man sich gefälligst auch an die richtige Strichreihenfolge der Kanji zu halten und neu ansetzen darf man mitten im Strich natürlich auch nicht. Und nicht verschönern! Einen Schwung hier, einen Haken dort – meh, schief, neu anfangen. Spaß hat es trotzdem gemacht, und mit meinem Ergebnis bin ich einigermaßen zufrieden. Bis auf das Dach. Arrgh!

IMG_20150106_141242

Mein zweiter Shodô-Versuch: Diesmal 春夏秋冬 (shunkashûtô). Es steht für die vier Jahreszeiten :)

Dienstag dann machten wir den ganzen Spaß nochmal im Kanji-Kurs. Nach zwei Stunden Kalligrafie war ich natürlich schon ein richtiger Meister (not) und so landete nur etwa halb so viel im Müll wie am Vortag – was aber eventuell auch daran lag, dass ich irgendwann zu frustriert war^^ Für diesen Kurs hatte ich mir einen Begriff auf stolzen vier Zeichen ausgesucht, dementsprechend doppelt so viele Zeichen, die man falsch machen konnte^^ Und diesmal gab es auch keine Vorlage, was das Ganze noch etwas schwieriger machte. Als Europäer, für den Kanji grundlegend ein Mysterium ohne jeglichen Sinn darstellen, weiß man nun mal nicht genau, wo genau die Schwünge hingehören und welcher Strich wie dick zu sein hat (okay, ich geb’s zu, auf den zweiten Blick ergeben Kanji doch irgendwo Sinn – so viel Sinn man in einer Sprache finden kann, wohlgemerkt).

Der Rest der Woche war wieder normaler Uni-Alltag, am Wochenende ein kurzer Abstecher nach Naha (wo wir u.a. ins Café gingen :D). Eine schöne Überraschung war, wie schnell mein neuer Laptop aus Deutschland ankam. Wuhu! Mein Paket nach Deutschland hat über einen Monat gebraucht xD‘

IMG_20150109_222443

Leicht überbelichtet, aber egal: Mein neuer Laptop. Yosh!

Vergangene Mittwoch gab es auch was Interessantes in nihon jijou, nämlich sadô – japanische Teezeremonie. Normalerweise dauert sowas sicherlich drei, vier Stunden, aber da wir so viel Zeit nicht zur Verfügung hatten, machten wir eine Art „Schnellkurs“ in zwei Stunden. Dafür kamen dann auch einige Mitglieder des Tee-Clubs vorbei, um uns einige Erklärungen zu geben. Der Kurs wurde in zwei Gruppen geteilt, von dem eine im washitsu erst lernte, wie man Tee trinkt, während die andere in einem anderen Raum Tee zubereitete. Ich war erst in der washitsu-Gruppe, sodass ich erst einmal Tee von einem Clubmitglied zubereitet bekam.

10917104_801716529903117_2711548651111130595_n

Hier sitzen wir gerade im washitsu und futtern Süßigkeiten.

Wie so ziemlich alles in Japan gibt es auch hier viele Schritte, die man in der richtigen Reihenfolge befolgen muss sowie weitere Dinge, auf die man zu achten hat – glücklicherweise war es bei uns etwas lockerer, verschaffte aber trotzdem einen guten Eindruck. Zunächst einmal seiza, die japanische Sitzhaltung auf Tatami (wenn man nicht daran gewöhnt ist, bekommt man sehr schnell Schmerzen). Dann bekommt man erst einmal eine Süßigkeit (die Sorte hängt von der Jahreszeit ab), wir bekamen welche für Neujahr – irgendetwas Mochi-Artiges (das klebrige leckere Zeug aus Kyôto). Selbstverständlich gibt es auch Richtlinien, wie das zu essen ist, dann kommt der Tee, der in einer schönen Schale ist, die man erst begutachtet, indem man sie dreimal um eine bestimmte Gradzahl dreht, bestaunt, dann aufpasst, nicht von der schönen Seite zu trinken und dazwischen nicht vergessen, sich zu verbeugen. Klingt kompliziert, war es auch, ich habe sicher alles falsch gemacht, aber immerhin gab es viel zu Lachen von allen Seiten und der Tee war gut, besonders, da er sehr bitter war und in Kombination mit der zuvor gegessenen Süßigkeit einen tollen Geschmack entwickelte.

Hier bereiten Marjory und ich gerade Tee zu~

Hier bereiten Marjory und ich gerade Tee zu.

Später dann konnten wir selbst Tee zubereiten. Dafür hat man so ein…kleines Besenteil aus Bambus, mit dem man darin herumrührt, bis es schaumig wird (auch für das Rühren gibt es Regeln), dann reicht man die Schüssel dem Gegenüber mit einer Verbeugung, schöne Seite nach Vorne (hab sie auf meiner Schale nicht gefunden, da die irgendwie überall Muster hatte), der sie dann dreht und bestaunt und irgendwann auch endlich trinken darf. Max ist nicht vom Stuhl gefallen, also wird mein Gebräu immerhin trinkbar gewesen sein. Hurra.

Diese Woche Mittwoch war hier Feuerübung im Wohnheim – gut, dass sie ein paar Monate kommt, nachdem wir hier eingezogen sind… Das Ganze sollte zwei Stunden dauern und von vielleicht 50-60 Bewohnern waren etwa 15 da. Ich hatte eigentlich auch nicht kommen wollen, aber da ich kurz vorher bei meiner Lehrerin in der Sprechstunde war und sie wohl irgendwie davon wusste, wurde ich pünktlich nach Hause geschickt, weil das ja „wichtig“ sei und so. Gnah. Andererseits hatte ich sonst nicht viel zu tun (in meinem Zimmer durfte ich natürlich nicht bleiben), also was soll’s. Immerhin ist auch wirklich die Feuerwehr gekommen und wer wollte, konnte einmal den Schlauch halten und Bäume gießen. Dann gab es noch einige Erklärungen, denen wir brav lauschten und dann war es zum Glück auch schon vorbei. Ich meine, hey, klar ist es wichtig, was zu tun ist wenn es brennt…aber auf den Gedanken, rauszulaufen, komme ich wahrscheinlich auch so, von daher…?

Jedenfalls war das so ziemlich alles Spannende, was seit den Ferien passiert ist, jetzt bin ich wieder voll im Uni-Alltag drin mit seinen Prüfungen und Vorträgen, die jetzt alle so anstanden und anstehen, da sich das Semester dem Ende zuneigt und ja irgendwoher auch noch Noten kommen müssen.

Kyôto, Stadt der Tempel, Part 3

Zeit für den dritten und letzten Beitrag über Kyôto, der aber erst der vorletzte Beitrag über die Ferien ist. Der vierte Beitrag wird sich mit Nara beschäftigen, einer Stadt in der Nähe von Kyôto, zu der wir am 2. Januar einen Tagesausflug unternommen haben.

Kiyomizudera. Übrigens seit Ewigkeiten mein Desktophintergrund, noch ehe ich wusste, dass der in Kyôto steht xD

Kiyomizudera. Übrigens seit Ewigkeiten mein Desktophintergrund, noch ehe ich wusste, dass der in Kyôto steht xD

Silvester und Neujahr verbrachten wir allerdings noch in Kyôto. Am 31. wollten wir es etwas ruhiger angehen lassen und gingen erst am frühen Nachmittag raus, um uns ein wenig in der Gegend umzuschauen und in einem Café (ich hatte mittlerweile aufgehört zu zählen) zu essen. Später dann, als es Abend wurde, beschlossen wir, zum Kiyomizudera zu gehen, einem Tempel, der zwar ganz in der Nähe des Hostels war, zu dem wir aber noch nicht gegangen waren. Er liegt auf einem Hügel und so soll die Aussicht sehr schön sein, weshalb wir uns eigentlich den Sonnenuntergang ansehen wollten, aber da es am Nachmittag anfing, heftig zu regnen, wurde da leider nicht viel draus. Aber ein Meer aus Regenschirmen kann auch ein schöner Anblick sein :)

Als wir am späten Abend dann wieder in der Unterkunft kamen, wurden wir gefragt, ob wir um Mitternacht zu einem nahegelegenen Schrein mitkommen wollten. Eigentlich hatten wir geplant, wieder zum Fushimi Inari zu fahren, aber da das doch ein ganz gutes Stück war und es wohl der beliebteste Schrein Kyôtos ist, verwarfen wir die Idee wieder. Ich glaube, inmitten von zwei Millionen Menschen in der Kälte am Schrein zu stehen muss nicht sein :)

10818276_779847298730306_3200275226126371594_o

Ding dong!

So gingen wir kurz vor Mitternacht dann lieber mit den Leuten von der Herberge und einigen Gästen zu einem kleineren Schrein ganz in der Nähe. Dort standen bereits einige Leute an, um gruppenweise die Glocke zu läuten, was man in Japan zu Neujahr macht. Es war ziemlich interessant, mal die Neujahrstradition eines anderen Landes kennenzulernen. Und gar nicht mal so leicht, es gibt nämlich – wie so überall in Japan^^ – eine spezielle Art, auf die die Glocke geläutet wird. Und nicht bei allen hat es richtig geklappt^^ Bei uns aber schon! Ha!

Später dann banden wir unsere omikuji (Orakelzettelchen fürs neue Jahr) noch an, damit sie auch wahr werden :)

Wieder in der Unterkunft, gab es wieder Nabe zu essen, aber da wir drei mittlerweile großen Hunger bekommen hatten, beschlossen Steffi, Max und ich, nochmal für uns essen zu gehen in einem anderen Laden, ehe wir uns wieder zu den anderen setzten.

Am nächsten Tag dann (oder auch immer noch Neujahr) gab es nicht viel, das man tun konnte, da das einer der wenigen Feiertage in Japan zu sein scheint, an dem das meiste geschlossen hat. Aber trotzdem war dieser Neujahrstag mein zweiter Höhepunkt in Kyôto: Schnee! Es schneite! Und wie! Ich konnte es kaum glauben, als ich aus dem Fenster sah. Richtig viele schöne dicke Flocken :) Mir war es da egal, dass ich keine richtige Winterkleidung hatte, ich wollte trotzdem raus^^

DSC03042

Schneeeee!^^

Erstmal gingen wir wieder zu dem Schrein, an dem wir in der Nacht bereits gewesen waren, um einige Fotos bei Tageslicht zu machen (tut mir leid, dass die meisten Bilder so verwackelt sind, aber bei Dunkelheit Fotos machen ist so eine Sache…^^), und danach gingen wir noch weiter durch die Stadt und genossen den Schnee – bzw. ich genoss ihn, während Max und Steffi weniger glücklich über ihre nassen Schuhe wirkten^^“ Trotzdem waren wir noch lange draußen, wodurch wir erst spät abends wieder in der Unterkunft ankamen. Ziemlich kaputt fielen wir dann in unsere Betten – um uns aufzuwärmen und auszuruhen, denn am nächsten Tag wollten wir nach Nara fahren.

Ich habe mich sehr über den Schnee gefreut, da ich davon ausgegangen war, dieses Jahr keinen sehen zu können, da es auf Okinawa ja niemals schneit. Als ich dann hörte, dass es in Kyôto schneien sollte, hätte ich aber nie mit so viel gerechnet. So viel habe ich in Düsseldorf schon seit Jahren nicht mehr erlebt – in Kyôto ist aber wohl auch nicht üblich. Ein Mitarbeiter der Unterkunft erzählte mir, so viel Schnee hätte er in Kyôto noch nie erlebt und tatsächlich war es wohl der meiste Schnee seit 60 Jahren hier. Da hatten wir wohl großes Glück (oder auch Pech, wie man’s nimmt^^) gehabt!