Am Tag nach meiner Ankunft hatte Fan vormittags zwar noch Uni, doch danach begann hier eine Reihe von Feiertagen. Seine Eltern fuhren uns mit dem Auto netterweise bis zur Uni hin, wo wir in einer Cafeteria dann erst einmal frühstückten. Während Fan dann zum Unterricht ging, wurde ich zu einem Tempel in der Nähe gebracht, den ich mir anschauen wollte. Ich hatte mir vorher eine ungefähre Karte der Umgebung eingeprägt, sodass ich hoffentlich nicht verloren ging.
Taiwans Tempel unterscheiden sich deutlich von denen in Japan. Während Japans Tempel wunderschön sind, aber eher in bedeckten Farben gehalten, schillern die in Taiwan kunterbunt. Das war sehr schön anzusehen. Auch die Verzierungen unterschieden sich; die hier wirkten schon mehr…“chinesisch“. Was auch irgendwo Sinn macht, da Taiwan „offiziell“ zu China gehört…
Nachdem ich also den Tempel begutachtet hatte, ging ich ein wenig durch die Straßen, um mir anzusehen, wie es denn in Taiwan aussah. Dabei fiel mir auf, dass es hier deutlich mehr Motorräder als Autos gab. Ansonsten war ich ganz froh, auf Okinawa gelebt zu haben, denn hier waren Ampeln genauso rar gesät. Zum Glück fahren die Leute aber auch etwas langsamer und vorsichtiger als in Deutschland, daher brauchte ich keine Angst zu haben, gleich überfahren zu werden.
Ganz in der Nähe des Tempels (dessen Namen ich vergessen habe) gab es ein kleines „Künstler-Dörfchen“, das im Grunde nur eine Ansammlung verschiedener kleiner Häuser an einem Hang war. Diese waren aber alle von den Anwohnern selbst gebaut worden und auch an Straßenecken und Wänden konnte man das ein oder andere Kunstwerk bestaunen. Sah echt schick aus und hatte eine ganz einfache Atmosphäre.
Diese Atmosphäre gab es übrigens zu einem gewissen Grad auch in Japan, besonders in ländlichen Gegenden (wie z.B. in Okinawa oder Ômura, wo ich auf der Farm gelebt hatte). Auch in Taiwan merkte ich, dass das alltägliche Leben etwas Eigenes, ganz Simples an sich hatte. Klar, Taiwan ist im Vergleich zu Deutschland ein armes Land, aber die Leute waren alle sehr neugierig und freundlich und auf ihre Weise wirkten sie einfach glücklich. Natürlich ist das als Außenstehender nur schwer zu erkennen, wie es ihnen wirklich geht, daher kann ich auch nur beschreiben, was ich dachte. Diese Einfachheit, diese Simplizität aber hat einen ganz besonderen Charme, finde ich. Es ist einfach schwer zu beschreiben, ich denke, um es wirklich nachvollziehen zu können, muss man da gewesen sein (wobei ich nicht bestreite, dass es in bestimmten Ecken Deutschlands nicht auch so sein könnte, dazu war ich hier in zu wenig Gegenden).
Zurück zum Text: Nach einem längeren Spaziergang durch die Straßen Taipehs ging ich schließlich zur U-Bahn-Station, an der ich mich mit Fan treffen wollte. Ich fand sie sogar recht schnell und brauchte meinen Spickzettel mit dem Chinesisch-Pinyin-Englisch nicht^^
Fan kam dann auch in Begleitung einer Kommilitonin herbei, die wohl Deutsch lernte und auch schon ein Jahr in Deutschland gelebt hatte. Wir wechselten ein paar Worte auf Deutsch und dann zeigten sie mir den Campus, bis das Mädchen sich schließlich verabschiedete, da sie noch Unterricht hatte, und wir dann zurück zur U-Bahn gingen und zum Taipeh 101 fuhren, wo wir uns mit David, einem weiteren meiner Kommilitonen aus Taiwan treffen wollten. Eigentlich wohnte er etwas von Taipeh entfernt (um genau zu sein in Taichung relativ in der Mitte Taiwans, während Taipeh im Norden ist), aber netterweise war er hoch nach Taipeh gekommen, damit wir uns treffen konnten. Ich freute mich auch sehr, ihn nach einem halben Jahr wiederzusehen.
Wir gingen zunächst gemeinsam essen, da David mir unbedingt die Essenskultur und die Spezialitäten Taiwans nahebringen wollte. Die Essenskultur ist schnell zusammengefasst: Man geht durch die Straßen, kauft sich was Leckeres, läuft essend weiter, ehe man was anderes Leckeres erpäht, das man dann kauft und weitergeht. Und so weiter. Mich wundert, dass die Leute überhaupt nicht dick waren, denn es kam mir vor, als würde man von morgens bis abends essen (natürlich leicht übertrieben, aber ich denke man merkt, worauf ich hinaus will). Ich glaube aber, das lag auch daran, dass ich Gast war und alle wollten, dass ich möglichst viel probierte. Leider stellte sich heraus, dass praktisch alles taiwanische Essen in irgendeiner Weise eine lokale Spezialität ist, sodass ich also auch immer brav probieren musste ^^
So waren wir in einem Restaurant im Taipeh 101 essen, was echt sehr lecker war. Das Taipeh 101 war bis vor einigen Jahren noch das höchste Gebäude der Welt; stolze 508 Meter (laut Wikipedia). Heute ist es auf Platz 5, aber nicht minder beeindruckend. Oben gab es eine Reihe teurer Schnickschnack-Läden, viel Kunst und natürlich die Aussichtsplattform. Leider hatten wir einen schlechten Tag erwischt, alles war nämlich weiß. Ich dachte erst, da wären keine Fenster, aber wenn man gaaaanz dich heranging, sah man, dass nur die Luft so schlecht war. Auch wenn man auf das Aussichtsdeck rausging, konnte man nicht viel erkennen. Schade, aber hey, in China soll die Luft noch schlimmer sein? O.o
Danach gingen wir wieder hinunter und Richtung Stadt. In einem fancy Bio-Laden entdeckte David auch T-Shirts, von denen er mir unbedingt eines schenken wollte, als Dank für den Lamy-Füller, den ich ihm aus Deutschland mitgebracht hatte. Er hat sehr großes Interesse an Deutschland und ich erinnere mich noch daran, wie er sehr fasziniert die Postkarten, die ich aus Deutschland bekommen hatte, begutachtet hat, und auch die Handschriften der Leute immer wunderschön fand. Er hat sich sehr über das Geschenk gefreut und wollte mir im Gegenzug etwas aus Taiwan mitgeben – das hat mich natürlich auch sehr gefreut!
Später dann wurde es langsam dunkel, weshalb wir zu einem Night Market in der Nähe gingen, um zu Abend zu essen. Fan zeigte uns auch eine kleine versteckte Buchhandlung (die jemand praktisch bei sich zu Hause eröffnet hatte), in der viele Reisebücher und alte Bücher waren, was auch sehr faszinierend war. Es gab sogar ein chinesisches Buch über Deutschland, wo ich ihnen gleich Fotos aus Düsseldorf zeigte. Danach teilten wir uns zu dritt ein großes Eis (nur nicht das Essen vergessen), ehe wir einen kleinen Park fanden, in dem wir uns schließlich hinsetzten und über alles mögliche plauderten – von Erinnerungen an unsere Zeit in Okinawa zu Gedanken darüber, was wir von nun an tun wollten. Dort blieben wir dann auch den Rest des Abends und ich muss sagen, ich fand es sehr gemütlich. Dass weiter hinten auf einer Bank jemand Gitarre spielte, trug zur Atmosphäre bei xD
Insgesamt war es ein wirklich schöner Tag und ich konnte viel von der Kultur Taiwans kennenlernen. Mir fiel auch auf, dass es deutlich weniger Ausländer (bzw. Nicht-Asiaten) in Taiwan gab als in Japan. Okay, Taiwan ist nicht so als Urlaubsort bekannt (zumindest bei Nicht-Asiaten), aber dennoch kam ich mir etwas wie ein Exot vor, da mich Leute (besonders Kinder) nicht selten anstarrten. Manchmal wurde ich auch auf Chinesisch angesprochen, was ich natürlich nicht verstand. Fan aber meinte, sie wollten nur wissen, wo ich denn herkam, und waren dann sehr überrascht, wenn sie erfuhren, dass ich Deutsche war.
Fan brachte mir während meiner Zeit in Taiwan ein paar Brocken Chinesisch bei, damit ich mich nicht ganz so verloren fühlte. Den ein oder anderen Satz also kann ich mittlerweile, und auch einige Unterschiede in den Zeichen hat er mir erklärt. Das hat mir sehr geholfen, da ich dieses Semester einen Chinesischkurs angefangen habe
- Blick vom „Künstler-Dörfchen“. Hinten kann man sogar noch den Tempel sehen.
- Weitere enge Gasse in dem Dörfchen.
- So leuchtende Farben!
- Mir wird so Einiges klar…
- Right. Also nicht nur auf Okinawa muss man sich in Acht nehmen.
- Weiteres random Foto einer Straße.
- Und einmal von der Bahnstation aus.
- Auch von Außen kein guter Blick auf das Taipeh 101.
- Random Foto eines random Teichs.
- Diese Teigtaschen hier waren sehr lecker (und heiß!).
- So eine geschnitzte Koralle sieht hübsch aus, ist aber verdammt teuer.
- Man beachte einfach die ganzen Details D: