Sapporo, Stadt des Schnees (Part II)

Nachdem ich für nur einen einzigen Tag Sapporo so viel geschrieben habe, will ich die restlichen Tage etwas verkürzen. Im Grunde war ich jeden Tag recht lange draußen, habe mich in der Stadt umgesehen und mal mehr, mal weniger bekannte Touriattraktionen abgeklappert.

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Hübscher Kanal in Otaru.

Am Sonntag nahm mich Kimura-san mit nach Otaru, einer Stadt nördlich von Sapporo. Diese ist bekannt dafür, dass es in ihr auch einige Kanäle gibt, was sie zu einer Art verschneitem Mini-Venedig macht. Das Ganze erinnerte mich etwas an Kurashiki mit Schnee, war also sehr schön anzusehen. Unterwegs machten wir halt in einer Nihonshu-Fabrik (japanischer Alkohol) mit kleiner Führung und anschließender Verkostung verschiedener Produkte. Da Kimura-san mit dem Auto fuhr, durfte sie nichts trinken, weshalb ich umso mehr probieren „durfte“ und schließlich entscheiden durfte, was wir kauften. Es erinnerte mich etwas an unsere Exkursion zur Orion-Bierfabrik damals auf Okinawa, nur eben mit Sake statt Bier^^

Danach ging es nach Otaru, wo wir bereits auf dem Parkplatz eine Karte der Umgebung erhielten und uns recht schnell auf den Weg zum Kanal machten. Hier waren auch etwas mehr Touristen als in Sapporo (hauptsächlich Chinesen), aber dennoch war es nicht annähernd so voll wie befürchtet. Ich kaufte ein paar selbstgemalte Postkarten bei einem Straßenkünstler, bevor ich mutig durch den Schnee weiterstapfte. Dann spazierten wir eine Weile durch die Gegend, sahen uns in diversen Läden um – etwa einem, in dem bunte Stoffe verkauft wurden oder auch Spieluhren – ehe wir in einem deutschen Restaurant zu Mittag aßen.

Ja, richtig – in einem „deutschen“ Restaurant. Oder vielleicht sollte ich sagen: in einem Restaurant, von dem Japaner wohl glauben, das Essen sei „deutsch“. Das Essen lässt sich etwa wie folgt beschreiben: Man nehme alle möglichen Klischees, werfe sie durcheinander, übertreibe maßlos und würze mit ein paar weiteren Stereotypen. Und Bier natürlich. Und Wurst und Kartoffeln.

An die Wände noch ein paar wundervolle Bilder aus Bayern (für die Atmosphäre) und perfekt ist das deutsche Feeling :D Ich habe mehrmals lachen müssen, als ich die Karte studierte, und entschied mich am Ende Kartoffelgratin mit Hokkaidô-Kartoffeln, das auch wirklich gut schmeckte.

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Genau so etwas gibt es doch in Deutschland in jedem Laden. Jawohl!

Gestärkt machten wir uns auf den Weg zu einem relativ großen Schrein, den wir uns ansahen, dann machten wir uns auf den Rückweg.

Zu Hause angekommen war es schon wieder fast Zeit für das Abendessen und Kimura-sans Mann schlug vor, doch selbst Soba (Nudeln) zu machen. Dafür hatte er extra Mehl mitgebracht, das man mit Wasser vermischen und kräftig durchkneten musste. Anschließend durfte ich es schneiden (möglichst dünn), in Nudelform halt. Das war gar nicht mal so einfach wie gedacht, und einige davon dürften wohl eher Udon-Nudeln (dicke Nudeln) geworden sein. Aber hey, geschmeckt hat es trotzdem und es war sehr spannend, mal selbst sowas auszuprobieren. Beim Abendessen erzählten mir die beiden noch so Einiges über die Geschichte Japans (da im Fernsehen gerade ein historisches Drama lief) und gaben mir anschließend noch viele Tipps für weitere Reiseziele innerhalb Japans. Und so stehen meine Ziele für die nächste Reise schon mal fest^^“

Am nächsten Morgen fand ich meine Gastfamilie vor dem Computer versammelt vor, wo sie sich Düsseldorf auf Google Maps ansahen. Ich zeigte ihnen die Uni und meinen Wohnort, und sie stellten fest, dass Deutschland ja doch grüner sei als sie vermutet hatten. Nach dem Frühstück brachte mich Kimura-san dann erneut mit dem Auto zur U-Bahn und ich wollte mich aufmachen, den sogenannten „München-Wald“, den ich auf einer Karte gesehen hatte, zu finden. Zwar verlief ich mich unterwegs ein wenig und konnte den Wald trotz allem nicht entdecken, aber dafür fand ich eine München-Brücke. Wie sich herausstellte, sind Sapporo und München nämlich Partnerstädte. Das erklärt vielleicht auch das Restaurant vom Vortag ^^‘

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Schild bei der München-Brücke.

Dann machte ich mich auf zum もいわ山 (moiwa yama), einem recht hohen Berg am Rand von Sapporo. Dort fuhr ich dann mit der Seilbahn hinauf (zu Fuß tat ich mir das nicht an – wobei, wenn ich mir den Fuß breche, brauche ich ihn zur Kühlung ja nur in den Schnee stecken…) und genoss die Aussicht sowie die Tatsache, dass außer mir vielleicht maximal fünf Leute noch auf dem Berg waren.

Abends dann wieder zu Hause, machten wir gemeinsam Yakiniku (gegrilltes Fleisch) auf der Heizplatte und dann war wieder Lego-Bauen angesagt. Diesmal wurden meine Kunstwerke auch nicht auseinandergenommen, yay.

Weitere Entdeckungen, die ich an dem Tag machte (neben Chinesen mit Selfie-Sticks):

  • ein Laden, der „gesunde“ Schuhe aus Deutschland verkaufte (?) – laut Kimura-san ist es wohl „cool“, wenn irgendwo „deutsch“ draufsteht und es verkauft sich besser
  • die Tatsache, dass auf einigen Treppenstufen steht, wie viele Kalorien man gerade verbrennt
  • diese epischen Parkhäuser, in denen Autos auf Drehscheiben stehen und automatisch gedreht werden, wenn man herausfahren möchte
  • an Straßenecken Kästen, in denen Säcke mit Sand herumliegen – wem es zu glatt ist, der kann sich ja einen mitnehmen und selbst streuen (finde ich besser als dieses schwarze Gedöhns, das in Deutschland bei 5mm Schnee schon auf den Boden geworfen wird)
  • in der Buchhandlung verpackt der Verkäufer einem netterweise jedes Buch einzeln in Schutzumschläge, damit kein Dreck herankommt und die Bücher nicht beschädigt werden. Vielen Dank!
  • und drei Arten von Japanern:
    • 1. Die, die einen auf Englisch anquatschen und erfreut zu Japanisch wechseln, wenn man erklärt, dass man auch Japanisch versteht
    • 2. Die, die einen von Vornherein auf Japanisch ansprechen, da man wohl den Eindruck vermitteln, sich auszukennen bzw. sie das wohl erwarten, wenn man sich abseits der Touri-Orte aufhält
    • und 3. Dann die, die einen auf Englisch ansprechen und trotzdem bei Englisch bleiben, auch wenn man selbst auf Japanisch antwortet. Und das verstehen sie ja offensichtlich o.O‘

So, einen Post hebe ich mir noch auf für Hokkaidô. Demnächst mehr!

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