Hiroshima, Stadt der Geschichte, Part 1

Von Fukuoka aus ging es mit dem Bus in einer vierstündigen Fahrt nach Hiroshima. Auf diese Stadt war ich sehr gespannt gewesen, besonders nach meinem Besuch in Nagasaki. Die Unterkunft lag etwa zehn Minuten Fußweg vom Friedenspark entfernt, was schon einmal sehr angenehm war. In Hiroshima selbst war ich auch etwas länger, nämlich fünf Tage lang. Ganz oben auf meiner Liste standen ein Besuch des Friedensparks, des Atombomben-Doms und des Atomic Bomb Museums.

DSC04356

Kenotaph (Scheingrab) am Eingang des Parks. Es gedenkt der vielen Toten des Bombenabwurfs.

Der Friedenspark selbst ist etwas größer als der in Nagasaki, aber auch unübersichtlicher. Während man in Nagasaki eher von einem Ende zum anderen läuft, ist der Park in Hiroshima eher eine große Insel zwischen zwei Flüssen und man muss mehrmals im Kreis laufen, um auch wirklich alles zu sehen. Am Anfang steht auch hier ein Denkmal, etwas weiter hinten befindet sich dann auch das Kindermonument. Im Park selbst waren neben vielen Touristen auch viele japanische Schüler unterwegs, die sich um die Pflege des Parks kümmerten.

Beim Atombombenabwurf auf Hiroshima am 6. August 1945 gehörten auch sehr viele Kinder zu den Opfern. Eines davon ist das Mädchen Sadako Sasaki, über das ich bereits in meinem Beitrag über Nagasaki kurz erzählt habe. Sie war zum Zeitpunkt des Abwurfs zwei Jahre alt und erkrankte neun Jahre später an Leukämie. Laut einer japanischen Legende bekommt man einen Wunsch erfüllt, wenn man 1.000 Origami-Kraniche faltet. Um wieder gesund zu werden, faltete Sadako deshalb viele Kraniche, einige groß, andere winzig klein. Bevor sie jedoch fertig wurde, starb sie im Alter von 12 Jahren. Dennoch wurde ihre Geschichte weltweit bekannt und diese Kraniche dann zu einem Friedenssymbol. Im Museum gibt es einen Bereich, der Sadako Sasakis Geschichte erzählt; auch einige ihrer Papierkraniche sind dort zu sehen. Nach ihrem Tod sammelten ihre Klassenkameraden Geld, um ein Monument zu errichten. Um dieses Friedensmonument der Kinder hängen deshalb auch sehr viele Kraniche, gefaltet und gespendet von Menschen aus der ganzen Welt.

DSC04382

Friedensmonument der Kinder. Die Figur oben stellt Sadako Sasaki mit einem Kranich dar. An den Seiten befinden sich ebenfalls Figuren, ein Mädchen und ein Junge. Darunter hängt ein goldfarbener Kranich an einer Glocke.

Ich hatte bereits in der Uni in einem Seminar zu Japans Atompolitik von Sadako Sasaki gehört und war seitdem von dieser Geschichte sehr berührt gewesen.

Der Besuch des Parks und des Museums waren für mich deshalb auch sehr faszinierend. Das Museum ist auch etwas größer als das in Nagasaki, dadurch jedoch auch viel voller. Noch dazu war ich in der Ferienzeit unterwegs. Daher wurde man da mehr oder weniger durchgeschleust und konnte nicht wirklich alles auf sich wirken lassen. In Nagasaki waren außer mir kaum Leute in dem Museum gewesen, daher konnte ich dort besser alles in meinem eigenen Tempo durchgehen und mir alles genau anschauen.

Andererseits, vielleicht war es auch besser, dass ich in Hiroshima nicht so sehr die Gelegenheit dazu hatte. Der Besuch des Museums in Nagasaki hatte sehr bedrückend auf mich gewirkt, und Hiroshimas Museum war ganz ähnlich aufgebaut. Auch so schon war mir wirklich mulmig zumute… Ich kann das Gefühl, das mich überkam, während ich Fotos sah, Austellungsstücke begutachtete, Geschichten von Opfern las und Geschichten Überlebender zuhörte, gar nicht beschreiben. Ich glaube, man muss das Museum selbst besuchen, um es auch nur ansatzweise verstehen zu können.

Ganz in der Nähe des Parks und des Museums befindet sich auch der gembaku dômu oder auch A-Bomb Dome bzw. Atombomben-Dom. Auch von diesem hatte ich in meinem Seminar gehört und hatte ihn gerne selbst einmal sehen wollen. Ursprünglich war das Gebäude eine Art Industriekammer gewesen. Es befindet sich nur 140m von der Abwurfstelle entfernt und wurde daher auch sehr stark beschädigt – dennoch blieben viele Teile des Gebäudes erstaunlicherweise auch erhalten. Aus diesem Grunde gilt es auch als Friedensdenkmal und wurde zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.

Leider waren gerade, als ich da war, Restaurationsarbeiten im Gange, weshalb man nicht viel sehen konnte, da überall drumherum Gerüste standen.

DSC04507

Auch in Hiroshimas Museum: Eine Uhr, die zum Zeitpunkt der Explosion stehen blieb.

Laut einer Tafel war die Aioi-Brücke neben dem A-Bomb Dome übrigens Ziel des Bombenabwurfs. Sie hat die Form des Buchstaben „T“ und war deshalb wohl aus der Luft einfach zu erkennen. Mittlerweile wurde sie wieder vollständig neugebaut. Der tatsächliche Ground Zero befindet sich jedoch etwas weiter entfernt. Er ist nicht so gut gekennzeichnet wie der von Nagasaki, im Grunde ist es nur eine Tafel am Straßenrand, direkt vor einer Arztpraxis.

In der Gegend waren viele freiwillige Helfer unterwegs (zumeist ältere Japanerinnen und Japaner), die bei Fragen gerne weitere Informationen gaben und einen durch den Park oder das Museum führten oder auch Müll o.ä. aufsammelten. Auch das fand ich sehr beeindruckend; einige von ihnen waren auch direkt oder indirekt von dem Abwurf betroffen – entweder, weil sie zu dem Zeitpunkt noch kleine Kinder waren oder weil ihre Eltern bzw.  Großeltern betroffen waren.

Wenn man heutzutage durch die Straßen Hiroshimas oder Nagasakis wandert und nicht genau weiß, wonach man Ausschau halten muss, würde man niemals auf die Idee kommen, was hier vor gerade einmal 70 Jahren geschehen ist. Dementsprechend ist es wirklich erstaunlich, wie schnell die Städte wieder aufgebaut wurden und sich (zumindest äußerlich) erholt haben. Dennoch waren, sind und werden die Folgen der Atombomben-Abwürfe in diesen Gegenden wohl noch sehr lange zu spüren sein; besonders unter der Bevölkerung ist immer noch die Angst vor Spätfolgen da.

_____________________________________________________________

Natürlich gibt es neben dem Friedenspark, dem Museum und dem A-Bomb Dome noch viel mehr in Hiroshima zu sehen. Auch vor Hiroshima gibt es eine Insel (Miyajima), die beliebtes Reiseziel von Touristen und bekannt für ihr riesiges torii ist, das quasi mitten im Wasser steht. Dazu noch den ein oder anderen weiteren Park, unter denen mir der shukkeien besonders gefiel und natürlich der ein oder andere Tempel oder Schrein. Auf den Rest meines Hiroshima-Aufenthalts werde ich dann aber in einem weiteren Beitrag eingehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>