Taiwan, Herz Asiens, Part IV

Am Nachmittag fuhren wir dann in den botanischen Garten von Taipeh. Auch der war sehr schön und hatte einige Pflanzen zu bieten, die man in Deutschland eher nicht sieht. Vom botanischen Garten aus ging es ins Kunstmuseum von Taipeh, in dem man viele Töpferwaren und Stoffe alter Zeiten bestaunen konnte. Einiges erinnerte mich an Okinawa, anderes sah mehr „chinesisch“ aus. Zusätzlich gab es momentan auch eine Origami-Ausstellung, in der Origamifiguren von Künstlern aus der ganzen Welt ausgestellt waren. Einige waren richtig eindrucksvoll und mehrmals musste ich über die Detailtreue staunen.

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Süße Kaninchen aus Papier.

In der Nähe lag auch ein Park mit Chiang Kai-Shek-Gedächtnisstätte. Der Ort an sich war recht eindrucksvoll, wie Fan mir aber erklärte, war das ein eher bitterer Anblick für viele Menschen in Taiwan. Bei Chiang Kai-Shek handelte es sich nämlich um einen General, der nach dem zweiten Weltkrieg diktatorisch über Taiwan herrschte und der für den Tod sehr vieler Menschen in Taiwan verantwortlich war. Auch im Inneren des zugehörigen Museums gibt es viele Informationstafeln zu den Kriegen gegen Japan zu der Zeit; und immer wieder ist vom „bösen Japan“ und dem „guten China“ zu lesen. Wie Fan mir erklärte, glaubt kein Taiwaner daran; es macht aber den Druck Chinas auf die kleine Insel deutlich. Mir war ganz komisch, als ich das so hörte. Es ist nur schwer vorzustellen, was die Leute fühlen müssen, so ein „Denkmal“ in ihrer Stadt zu haben.

Dennoch war der Park drumherum gut besucht, besonders junge Leute nutzten die großen Freiflächen für sportliche Aktivitäten und dass nebenher ein Frozen-Festival lief (anscheinend nicht nur in Japan beliebt), trug dazu bei. Das Ganze wirkte schon ziemlich kurios auf mich. Auch die Wachen vor dem Denkmal, die sich keinen Millimeter bewegten (man denke nur an die Palastwachen in England), kamen mir seltsam vor.

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Eine der Wachen, die sich nicht rühren durfte.

Aber weg von diesem Ort. Etwas entfernt, aber noch fußläufig erreichbar, befand sich Fans ehemalige Oberschule, die ich mir bei der Gelegenheit anschauen wollte, denn die sah mehr nach Filmset als nach Schule aus. Und tatsächlich soll dort wohl mal ein Film gedreht worden sein. In der Nähe gab es auch eine Eisdiele, in der es Erfrischung gab, dann ging es zurück mit dem Motorrad in die Innenstadt, da es langsam abend wurde und die Nachtmärkte öffneten. Mir fehlte nämlich noch immer eine Spezialität Taiwans: 臭豆腐 (Japanisch: shûdôfu, wörtlich übersetzt: stinkender Tofu). Jep, sowas isst man. Bei unserem Treffen einige Tage zuvor hatte mich David bereits gefragt, ob ich den schon probiert hatte, und ich war neugierig geworden. Im Grunde handelt es sich um normalen Tofu, der aber irgendwie speziell zubereitet wird und durch die lange Fermentierung wohl einen stinkenden Geruch entwickelt (ähnlich wie vergammelter Käse also, der manchmal als Delikatesse gilt). Den Tofu gab es dann mit verschiedenen Soßen oder als gebratene Variante, mit Beilagen wie Gemüse oder sonstwas. Und ich muss sagen, so schlimm roch er gar nicht. Er schmeckte sogar erstaunlich gut, besonders als gebratene Version (verflucht seist du Taiwan, sogar dein Stinke-Tofu ist lecker!). Auch hier auf dem Nachtmarkt fragte mich wieder ein kleiner Junge, wo ich denn herkäme (was ich nicht verstand) und war dann sehr erstaunt über dieses „exotische“ Deutschland.

Den restlichen Abend verbrachten wir in einem Bücher-Café, in dem es sogar japanische Bücher gab; Fan arbeitete an einem Referat für die Uni und ich nutzte die Zeit, mein Reisenotizbuch aufzuarbeiten (aus dem auch die Memos für diesen Blog stammen) und ein wenig zu zeichnen.

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Schmeckt besser, als es riecht: Stinke-Tofu.

Am folgenden Tag, meinem letzten in Taiwan, nahm mich Fan wieder mit dem Motorrad nach Taipeh; diesmal wollten wir in den Zoo. Dort wollte ich dann auch Ho, eine weitere Kommilitonin aus Okinawa, mit der ich einige Male gesprochen hatte, treffen. Diese war gerade mit ihrer Familie in Taipeh und wir wollten uns gemeinsam den Zoo anschauen. Anfangs hatten wir etwas Probleme, uns zu treffen, aber dann klappte es doch und wir konnten uns diverse Tiere anschauen; Pandas, Koalas, eine lustige Echse, die erst auf Fans Kopf und dann auf meiner Tasche rumgeklettert ist…

Mein Highlight aber war ein Pärchen, das mich auf Chinesisch ansprach (Fan und Ho waren etwas vorgegangen, da ich lange am Koala-Gehege kleben geblieben bin). Ich verstand kein Wort, konnte mir aber anhand der Gesten vorstellen, was sie wollten, und tatsächlich, die Frau wollte ein Foto mit mir machen. Just why.

Vermutlich erzählte sie dann zu Hause, sie sei im Zoo gewesen und hätte einen Europäer gesehen…wunderbar xD‘

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Auf dieses Foto im Zoo von Taipeh bin ich sogar recht stolz.

Nach dem Zoobesuch verabschiedete ich mich von Ho, die wieder zu ihrer Familie stoßen wollte, und Fan und ich fuhren heim, da ich langsam packen wollte. Während ich mir also Sorgen um mein Gepäck machte und mir den Kopf darüber zerbrach, wie um alles in der Welt ich in einen schon voller als vollen Rucksack noch die Geschenke aus Taiwan packen wollte, machte Fan okinawanischen Kaffee (= normalen Kaffee) und dann kamen auch seine Eltern heim! Ich freute mich sehr, sie zu sehen, denn so konnte ich ihnen mein Gastgeschenk aus Japan noch persönlich überreichen. Sie boten dann auch an, uns abends zum Flughafen zu fahren, was uns viel Zeit sparte. So hatte ich mehr Zeit, über meinem Gepäck zu verzweifeln, als ich eine E-Mail von der Airline erhielt, dass mein Flug etwa drei Stunden Verspätung haben würde. Freude! Nicht… Fan bekam einen Lachanfall, als ich ihm die Mail zeigte, da ich also doch noch was essen musste in Taiwan (so gut, so viel Q_Q), dann aber wurde es wirklich Zeit zu gehen; mit Ach und Krach bekam ich meinen Rucksack dann auch zu (er würde schon nicht platzen…oder?) und los ging es zum Flughafen. Während der Autofahrt fragten sie mich, wie mir Taiwan gefiel, und ich fand es einfach nur grandios.

Am Flughafen angekommen, verabschiedete ich mich (noch einmal) von Fans Eltern, dankte ihnen für die Gastfreundschaft, dann gingen Fan und ich hinein und ich checkte ein. Als Entschädigung für die Verspätung bekam ich dann auch noch einen Gutschein über 200 NTD (umgerechnet vielleicht 6€ oder so), den ich gleich in Starbucks ausgab, da es das einzige Café war, das noch geöffnet hatte. Aus Gewohnheit bestellte ich natürlich auf Japanisch, was mir einen verdutzten Blick von der Mitarbeiten und Lachen vonseiten Fans brachte. Ups. Da auch die Post zu war, konnte ich auch keine Briefmarken für die Postkarten kaufen, aber Fan versprach, sie für mich abzuschicken, danke dafür. Und so quatschten wir noch eine Weile im Starbucks über dieses und jenes, über unser Studium auf Okinawa und in Taiwan und Deutschland, unsere Zukunft, was wir so tun wollten und wann wir uns wiedersehen würden. Denn es geht nie um die Frage, ob wir uns wiedersehen, nur immer um das wann.

Es wurde Zeit. Ich verabschiedete mich von Fan, dankte auch ihm für alles, dafür, dass er mir seine Heimat gezeigt hatte, dass er für eine planlose Deutsche gedolmetscht hatte, und das in seinen Ferien.

Natürlich wurde das Gate geändert, sodass ich nicht nur ein-, sondern gleich zweimal quer durch den gesamten Flughafen laufen durfte, dann trieb mich ein Mitarbeiter an, dass ich mich beeilen sollte, da mein Flug gleich ging, bis ich ihn darauf hinwies, dass ich den späteren der beiden Haneda-Flüge hatte.

Schließlich am richtigen Gate angekommen, dauerte es dann noch über eine Stunde (und das ohne jegliche Informationen, was eigentlich los war), ehe das Boarding anfing. Nach dieser Erfahrung bin ich recht sicher, dass ich mir in Zukunft zweimal überlegen werde, ob ich wieder mit einer Billig-Airline fliegen will. Ich war nur froh, dass mein Rückflug nach Deutschland erst einen Tag später ging, denn sonst hätte ich den vermutlich verpasst (ich bin ja soo vorausschauend). Da nicht klar war, wie lange ich warten musste, traute ich mir auch nicht zu, zu schlafen und war entsprechend müde, als ich endlich in den Flieger steigen durfte, der mich zurück nach Japan brachte.

Einige Worte noch zu Taiwan: Dank meiner Freunde hatte ich die Gelegenheit, die Kultur dieser kleinen Insel kennenzulernen und das Land zu entdecken, aus dem ein paar meiner besten Freunde kommen. Ohne sie wäre ich wohl niemals auf die Idee gekommen, nach Taiwan zu reisen. Und genau deshalb bin ich so dankbar. Schade, dass ich einen Kommilitonen nicht treffen konnte, aber ich weiß, früher oder später läuft man sich erneut über den Weg – da bin ich mir sicher.

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